2. Februar 1977: Das grosse Ereignis Es war Ende 1976, als wir uns entschlossen, den Fassadenverputz zu erneuern, um auch zu sehen, was sich unter den Verputzschichten aus früheren Epochen verborgen hielt. Verschiedene Spolien von Fenstereinfassungen und gemauerte Entlastungsbögen kamen zum Vorschein, von denen man auf eine frühere Fenstereinteilung schliessen konnte. Im 1.Obergeschoss stiessen zwei Bögen aneinander. Wir überlegten, was der Zweck dieser Konstruktion wohl sein würde und kamen zum Schluss, dass hier eine Säule anstelle des üblichen Mauerpfeilers gestanden haben muss. Wir nahmen an, dass sie beim Umbau 1844 eingemauert oder entfernt wurde. Als ein halbes Jahr später eine eichene, verzierte Türeinfassung im grossen Zimmer im 1.OG zum Vorschein kam, griffen wir die Säulenidee wieder auf und wollten der Sache jetzt auf den Grund gehen. Obwohl alles frisch gestrichen war, klopften wir mit Meissel und Hammer den Verputz vom Mauerpfeiler zwischen den Südfenstern ab, kratzten die Fugen zwischen den mächtigen Steinen aus und suchten mit der Taschenlampe nach Spuren früherer Kulturen. Nach 15 Minuten sorgfältiger Sondierarbeit sah man bearbeitete und bemalte Stellen: die Rippen einer gotischen Fenstersäule. Sorgfältig entfernten wir Stein für Stein vor dem Kunstobjekt, gespannt auf das Endergebnis dieser Ausgrabung. Auf Brettern als Rutsche mussten die grossen Jurakalkbrocken abtransportiert werden. Dann aber stand die Säule in aller Pracht vor uns mit ihren dekorativen Verzierungen und rotschwarzer Bemalung. Vorsichtig versuchten wir auch den hinteren Teil des Kunstwerks greifbar zu machen und legten es so weit frei, bis die Aussenmauer nur noch 15 cm dick war. Einige Ecken waren zwar abgeschlagen worden, um Auflager für die Ummauerung zu bekommen, aber das konnte den grossartigen Eindruck dieses einmaligen Werkes eines Künstlers aus dem Mittelalter nicht schmälern. Das Ganze stand auf sehr wackligem Untergrund auf losem Material unter dem schweren Sockel. Sicher war diese Stube im 1.OG, noch um den kleinen Nebenraum grösser, früher einmal eine Amtsstube, da solche Säulen nur sehr selten in dieser reichen Gestaltung entstanden sind.
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